Franz Josef Burghardt

    Der "Hof Brück" im Hochmittelalter (12. - 13. Jh.)


    Der Hof Brück gehörte zu den frühen Besitztümern des 1133 gegründeten Zisterzienserklosters Altenberg. Ob er dem Kloster von einem anderen Grundherrn geschenkt, von Altenberger Mönchen durch Rodung aufgebaut oder von dem Kloster käuflich erworben wurde ist unbekannt. Auch der Zeitpunkt des Erwerbs ist nicht belegbar, doch liegt er wohl zwischen 1157 und 1166.

    Jedenfalls wurde der Hof Brück 1166 unter dem dritten Abt Hermann I. als zu Altenberg gehörig genannt , als der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel dem Kloster dessen Besitz bestätigt. Dabei erscheint auch Brück: "curtem quoque, que vocatur Brüche, cum pertinentiis suis" (den Hof, der Brück genannt wird, mit seinen Zugehörigkeiten). In einer Bulle des Papstes Innocenz III. vom 17. Dez. 1210 nahm dieser die Abtei Alten-berg in seinen Schutz, bestätigte ihren Besitz und regelte ihre rechtliche Stellung. Dabei wurde neben elf weiteren Höfen auch Brück als Klosterbesitz aufgeführt: "curtes ... de Brugge ... cum omnibus pertinenciis suis". Ebenso wird Brück in einer Urkunde des Pap-stes Gregor IX. vom 30. Jan. 1237 genannt.

    Im Dezember 1244 besiegelten Abt Bruno von Altenberg und Äbtisin Beatrice von Rolandswerth eine Urkunde, in der die Abgabepflicht von jährlich 12 Denaren, zwei Hühnern und einem Ohm Wein an das Benediktinerkloster Rolandswerth bestätigt wird. Diese Ab-gaben hatten diejenigen Güter in "Bruggebach" zu leisten, die der Altenberger Klosterbru-der Konrad von Heinrich Strode gekauft hatte : „quod de bonis sitis in Bruggebach, que frater Cunradus conversus de Veteri-monte de consilio conventus sui comparavit erga Henricum dictum Strode et suos heredes conventui sancte Marie de Rulenswerde duode-cim denarii Colonienses et duo pulli annuatim persolventur in festo sancto Martini a pre-dicto converso videlicet vel eius successore. Pro curmedia nichil amplius solvendum est quam duodecim denarii et duo pulli. Sciendum eciam quod idem conversus et sui succes-sores pro pacto suo de predictis bonis eidem ecclesie amam vini solvent in autumno." Wie spätere Urkunden belegen, handelt es sich bei dem hier genannten Ort „Bruggebach" offenbar um Brück. Der Urkunde ist zu entnehmen, daß Altenberg zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt durch den Klosterbruder Konrad Güter erworben hatte, die schon vor diesem Kauf Abgaben an das Kloster Rolandswerth zu leisten hatten.
    Das Benediktinerinnenkloster St. Maria auf der Rheininsel Rolandswerth, später Nonnen-werth genannt, war 1126 durch den Kölner Erzbischof Friedrich I. gegründet worden; sei-ne Aufsicht nahmen die Äbte des Benediktinerklosters Siegburg wahr. Da in den Besitzbestätigungen des Klosters Rolandswerth aus den Jahren 1143 und 1174 Brück noch nicht nenannt wird , muß man von einem Erwerb der oben genannten Einkünfte im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert ausgehen.

    1253 erhielt das Kloster Altenberg durch Graf Adolf IV. von Berg und seine Gemahlin Mar-g-aretha die Güter Humboldt und Spezard in der Nähe Altenbergs im Tausch gegen ei-nige Wiesen aus dem Klosterbesitz „bei Brughe am Richtele-Bach". Zwei Jahre später bestätigten der Graf und seine Ehefrau, daß die Güter Humboldt und Spezard, die das Kloster „pro bonis suis videlicet quodam prato sito in Brugge" erhalten habe, frei von allen Dienstleistungen sein sollen.

    Einer Urkunde vom 7. April 1273 ist zu entnehmen, daß Brück vor diesem Zeitpunkt durch Kauf an die Grafen von Berg übergegangen war. Dort heißt es: „Da nun beim Kaufe unse-res Hofes zu Brück (curtis nostre Brughe) von den ehrwürdigen Leuten, dem Herrn Abt und Convent zu Altenberg Cistercienserordens sich herausgestellt hat, daß wir [d.i. Graf von Berg] gewisse Jahrrenten an einige Personen, nämlich den Abt und Convent des Klo-sters in Gladbach, Benediktinerordens, dem Herrn Propst und Kapitel von St. Severin in Köln und der Frau Äbtissin und Convent in Rolandswerth, Benediktinerordens, in der Kölner Diözese, jährlich zahlen müssen, so ist folgender Vertrag zwischen uns einerseits und den vorgenannten Klosterherren von Altenberg andererseits abgeschlossen worden. Der genannte Convent von Altenberg zahlt diue gannten Jahrrenten für uns an die ge-nannten Kirchen zur üblichen Zeit und spricht uns und den vorgenannten Hof von der Zahlung frei."
    Am 22. Dez. 1295 bestätigte die Äbtissin Hedwig des Kölner Klosters St. Maria im Kapi-tol, vormals Äbtissin zu Rolandswerth, daß seit 40 Jahren das Kloster Altenberg von gewissen Gütern, bei Brück jenseits des Rheins gelegen (de quibusdam bonis iacentibus apud Bruke trans Renum
    ), nicht mehr als 14 Solidi (solidos Colonienses) jährlich dem Kloster Rolandswerth gezahlt habe. Weiter heißt es in dieser Urkunde, daß damals, also um 1250, mit Zustimmung der Äbtissin und ihres Konvents die Verpflicjhtung Altenbergs zur Zahlung der Rente von dem Hof in Brück auf den Altenberg Hof bei Rolandswerth (in curtem eorundem abbatis et conventus apud Rulanzwerde positus) übertragen wurde.

    Das in der Urkunde von 1273 genannte Benediktinerkloster (Mönchen-)Gladbach war 972 durch den Kölner Erzbischof Gero auf Kölner Stiftsland gegründet worden. Zeitpunkt und Art des Erwerbes der Jahresrente aus Brück ist unbekannt.
    Gleiches gilt für das ebenfalls erwähnte Kölner Stift St. Severin, das im Raum Bensberg umfangreichen Besitz hatte. Unter den ältesten Stiftsurkunden findet sich lediglich die Schenkung eines Hofes „zu Buche" durch den Kölner Erzbischof Friedrich I. an das Strift aus dem Jahre 1109, doch ist völlig unklar, welcher Hof damit gemeint ist
    .
    Mit dem Ende des 13. Jahrhundert brechen die Quellen über Brück zunächst für etwa 150 Jahre ab. Festzuhalten bleibt, daß im Hochmittelalter die Klöster Altenberg,
    Mönchen-gladbach und Rolandswerth sowie das Kölner Stift St. Severin Grundbesitz in Brück oder Einkünfte daraus - vermutlich durch private Schenkungen oder Kauf - für eine gewisse Zeit erwerben konnten. Auszuschließen ist sicher die Annahme, daß Brück durch eine Schenkung der Grafen von Berg an Altenberg kam oder Brück alleine durch Rodungstä-tigkeit der Altenberg Mönche entstand.

    Schon diese Zeit des kirchlichen Grundbesitzes in Brück muß vor dem Hintergrund der Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg gesehen werden. Wesentlich für die im 12.-14. Jahrhundert langsam entstehende Landeshoheit war die Übernahme von Vog-teien über kirchlichen Grundbesitz, also die Wahrnehmung der Rechtssprechung für die auf diesen Gütern lebenden Menschen. So sind die Grafen von Berg im frühen 12. Jahr-hundert u.a. als Vögte der bedeutenden Abteien Werden und Siegburg nachweisbar . Im weiteren Umfeld Brücks waren in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Übernahme der Vogtei für das Kloster Dünnwald und für rechtsrheinische Höfe des Kölner Klosters St. Pantaleon bedeutsam.
    Unmittelbar östlich von Brück, im Raum Refrath-Lückerath-Frankenforst konnte Graf En-gelbert 1166/69 die Vogtei über Güter des Klosters Meer erwerben. Diese Güter hatten zu-nächst den Grafen von Liedberg-Meer gehört, die südlich von Bensberg einer Ausdehnung bergischer Macht im Wege gestanden hatten. Erst durch eine Schenkung an das Kloster Meer und die anschließende Verleihung der Vogtei an Berg durch den mit Berg verwe-andten Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg konnten die Grafen von Berg die Konkur-renz der Grafen von Liedberg in diesem Raum überwinden.
    Zwischen etwa 1140 und 1210 kam auch die Burg Bensberg aufgrund unbekannter Recht-stitel in den Besitz der Grafen von Berg und wurde neben Burg a.d. Wupper zu deren zweiten Machtzentrum. Sie war auch der Mittelpunkt eines alten umfangreichen grund-herrschaftlichen Besitzes; so verwüsteten 1240 die Truppen des Kölner Erzbischofs Kon-rad von Hochstaden mehrere bergische Höfe im Umfeld der Burg. In Merheim sind die Grafen von Berg schon vor 1217 als Grundeigentümer nachweisbar.

    Was das Kloster Altenberg mit seinen Besitzungen, und damit auch Brück selbst seit etwa 1150 betrifft, so werden die Grafen von Berg zwar immer nur als Patrone bezeichnet, die dem Kloster Schutz und Schirm gewährten, doch werden sie als solche tatsächlich die Rechte eines Vogtes ausgeübt haben. Daß Altenberg seine am Anfang des 13. Jahrhun-derts gewonnene Befreiung seiner Besitzungen von der Grundsteuer (Bede) schon nach wenigen Jahrzehnten nicht mehr halten konnte , unterstreicht den Willen der Grafen von Berg, ihre landesherrschaften Ansprüche auch für die Altenberger Güter durchzusetzen.
    Der Erwerb des Altenberger Gutes in Brück, zunächst in Form einer Rechts- und Finanz-hoheit, dann 1273 auch als Grundherrschaft, ist daher als Mosaikstein bei der Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg zu sehen. In diesem Sinne ist die Altenberger Zeit in Brück (ca. 1150-1273) nur als Übergangsphase anzusehen: Die - vermutlich von Laien erfolgte - Schenkung des Grundbesitzes an Altenberg und der Erwerb anderen Kir-chenlands in Brück durch das Kloster waren für die Familie von Berg ein willkommener, zunächst indirekter Zuwachs bei der Ausdehnung ihrer Rechte westlich der Burg Bensberg. Gerade in ihrer Auseinandersetzung mit dem Erzbischof von Köln mußte den Grafen von Berg daran gelegen sein, in der der Metropole Köln nächstgelegenen Pfarrei Merheim ihre Herrschaftsrechte unzweifelhaft festzulegen.


    Stammtafel der Familie von Berg/Altena

    Erste Generation:
    ADOLF I., * um 1045, + 1106, urk, 1090-1105, 1101 Graf, heir. Adelheid von Lauffen, Enkelin des Grafen Bernhard von Werl, der ein Schwager Kaiser Konrads II. war.

    Zweite Generation:
    (1) ADOLF II., * 1090/1100, + um 1160/70, urk. 1115-1160, ab mind. 115 Graf von Berg, ab etwa 1120 Graf von Hövel/Altena, nach 11600 Mönch in Altenberg, heir. (2. Ehe) N. von Schwarzenburg, deren Onkel Friedrich von Schwarzenburg 1099-1131 Erzbi-schof von Köln war.
    (2) EVERHARD, seit etwa 1120 Mönch in Morimund, seit 1143 Abt des Klosters Geor-genberg/Thür.
    (3) BRUNO, 1131-1137 Erzbischof von Köln.
    Halbschwester dieser Rüder aus der zweiten Ehe der Mutter Adelheid von Lauffen: Adelheid von Sommerschenburg; deren Sohn Philipp von Heinsberg war 1167-1191 Erzbi-schof von Köln.

    Dritte Generation:
    (1) ADOLF, * um 1120/25, + 1148 auf dem Kreuzzug vor Damskus.
    (1) EVERHARD, urk. 1144-1174, ab 1161 Graf von Altena.
    (2) FRIEDRICH, * um 1121/26, 1156-1158 Erzbischof von Köln.
    (3) ENGELBERT I., + auf dem Kreuzzug bei Kovin/Serbien, urk. ab 1152, ab mind. 1165-1189 Graf von Berg, heir. Margarethe von Geldern.
    (4) BRUNO, 1191-1193 Erzbischof von Köln, + nach 1193 als Mönch in Altenberg. (5) ADOLF, * um 1148/50, urk. 1192-1197.

    Vierte Generation
    Kinder des Everhard von Altena:
    (1) ARNOLD, + 1209, Graf von Altena.
    . (2) ADOLF, 1193-1205 und 1212-1216 Erzbischof von Köln.
    (3) FRIEDRICH, + 1198/99, Graf von Altena-Mark. Seine Nachkommen waren die Grafen von Mark.
    Kinder des Engelbert von berg:
    (1) ADOLF III. * vor 1175, urk. 1194-1218, + 1218 auf dem Kreuzzug bei Damiette. Seit 1189 Graf von Berg, heir. Bertha (von Sayn?).
    (2) ENGELBERT II., * 1185/86, 1225 von seinem Verwandten Friedrich von Altena-Isenburg (Sohn des Arnold) ermordet. 1216-1225 Erzbischof von Köln, 1218-1225 Graf von Berg.

    Während die Familie Berg in der Grafschaft Mark im Mannesstamm fortgesetzt wurde und die Linie Altena-Isenburg noch über viele Generationen als Edelherren von Limburg-Stirum weiterlebten , fiel die Grafschaft Berg durch die Heirat der Erbtochter Irmgard an das Haus Limburg:
    1225-1247 HEINRICH I.
    1247-1259 ADOLF IV.
    1259-1296 ADOLF V. Er überließ seine Erbrechte auf Limburg dem Grafen Johann von Brabant und besiegte im nachfolgenden Erbstreit 1288 bei Worringen gemeinsam mit den Grafen Johann von Brabant, Walram von Jülich, Dietrich von Kleve und Eberhard von der Mark sowie dem Aufgebot der Stadt Köln das vereinigte Heer des Kölner Erzbischofs Siegfried von Westerburg und der Grafen Reinald von Geldern, Heinrich von Luxemburg und Adolph von Nassau.
    1296-1308 WILHELM I.
    1308-1348 ADOLF VI.
    Durch Heirat wurden 1348 die Grafen von Jülich auch Grafen von Berg. 1356 wurde Jülich zum Herzogtum erhoben, 1380 auch Berg. Die Herzogtümer Jülich und Berg blie-ben dann bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in Personalunion verbunden.

    Dieser Artikel ist dem Buch "Unser Brück" Bd. 4 (S. 12-18) des Brücker Geschichts- und Heimatvereins entnommen. Dort befinden sich auch umfangreiche Anmerkungen und Quellenangaben.